Die Glocken der Kirche St. Lubentius in Dietkirchen

Die ersten Glocken

Es ist aus heutiger Sicht nicht mehr ganz genau nachvollziehbar, wann die allerersten Glocken in der Kirche aufgehängt wurden und ihr Geläut erschallen ließen. Nach W.H. Struck in DAS STIFT ST. LUBENTIUS IN DIETKIRCHEN, 1986, belegt er das Vorhandensein von Glocken allerdings indirekt durch das Vorhandensein des einstigen ottonischen Westturm und der bis heute existierenden staufischen Doppelturmanlage als auch der Existenz eines Glöckners, der 1262 in einem Testament von Dekan Heinrich erwähnt wurde. (Siehe Struck, Quellen zur Geschichte der Klöster und Stifte im Gebiet der mittleren Lahn, Seite 10, Nr. 7). Ein konkreter Hinweis auf eine existierende Glocke geben die Statuten für die Kanoniker von 1282 mit einem Verbot unziemlicher Kleidung zur Vesperzeit oder einer anderen Stunde, wenn die Glocke läutet (Str 2 S. 14 Nr. 11).

1914 Glocken vor dem 1. Weltkrieg

Vor der Zeit des 1. Weltkrieges gehörten zu den ältesten Glocken die der Dreifaltigkeit gewidmete Glocke von 1753 und die kleinste von 1661 (Luthmer 3 S. 164). Die Glocke von 1753 hat einen Durchmesser von 1 m und ein Gewicht von 700 kg. Die Dreifaltigkeitsglocke hat den Ton „g“. Sie hat die Inschrift „AD HONOREM SANCT AE TRINITATIs CONFLATA“ und darunter Namen von Kanonikern (Luthmer 6 S.22), genauer: des Dekans, der sechs Kapitulare und der zwei Vikare (freundliche Auskunft des Herrn Domkustos Joachim Pick zu Limburg vom 13. Dezember 1984).

Unterhalb dieser Inschrift befand sich eine weitere Inschrift mit den Namen des Dekans, der 6 Kapitulare und 2 Vikaren.

Dekan
Johannes Carolus Klein, aus Wiltz (1741-1772)
Kapitular:
Johann Distel (Distell), 1700-1755
Franciscus Hetzrodt (Hetzenrodt, Hetzrath), 1730-1780
A. J. F. Diel, 1774-1783
H. P. Armbruster, 1760-1771
Carl Heinrich Ignatius (Josephus) Flörchinger, aus Saarburg, 1748-1803
Franz Friedrich Jacobus (Josephus) Carove, 1752-1799
Vikar:
Antonius Digitolo, aus Limburg, 1722-1775
Franciscus Antonius Neve, aus Ladenburg, 1743-1781

Im Jahr 1752 gab das Stift den Guß von fünf neuen Glocken in Auftrag (Siehe Struck, DAS STIFT ST. LUBENTIUS IN DIETKIRCHEN, 1986, S. 28). Es ist davon auszugehen, dass sich darunter auch die Trinitatis Glocke (Dreifaltigkeitsglocke) befand.

1917 Beschlagnahmung der Glocken im 1. Weltkrieg

Am 5. September 1917 war allerdings für die damaligen Glocken der St. Lubentiuskirche ein schwarzer Tag. Die Militärbehörde hatte drei von vier Glocken beschlagnahmt, am 5. September wurden sie abgeliefert.

Die Dietkircher Schulchronik beschreibt die 3 beschlagnahmten Glocken wie folgt.

1. Die große Glocke.

Sie hatte den Ton „es“. Ihr unterer Durchmesser betrug = 1,25 m, die Höhe = 1,20 m. Sie hatte sechs geschwungene Henkel. Am Hals der Glocke war ein Kranz von Verzierungen. Dieser bestand aus Ähren, Rebenblättern und Trauben.
Die Inschrift lautete:

                  Mein Name ist Maria. 

        Seinen Frieden gebe euch, in diesem
              Leben der Erlöser, mein Sohn,
                Im künftigen die ewige Ruhe
                  Ist mein Wunsch an Euch
                      Christgläubige Kinder.
                      Arnold Haas. Pastor.
           Dietkirchen, im November 1850.
       Gegossen zu Hof = Sinn bei Herborn
                       von P. H. Rincker.

Das Gewicht betrug = 1150 kg. Sie kostete 1327 Fl. 33 Kr.
1 Fl = 1 Gulden.
1 FL = 2 KR (Kronen)
Im Jahr 1850 war der Wert von 1 Gulden = 13,4 Euro
1327 Gulden = 17.781,8 Euro + 33 KR = 221,1 Euro
Total 18.002,9 Euro

2. Die Achtuhr – Glocke.

Sie hatte den Ton „b“. Der untere Durchmesser betrug = 0,85 m, die Höhe = 0,83 m. Das Gewicht war 375 kg. Sie hatte vier geschwungene Henkel. Am Hals war ein Verzierungsband, welches Blätter der Eiche darstellte.
Die Inschrift lautete:

          St. Joseph, Patrone Totius Ecclesiae,

                  ora pro omnibus fidelibus!
(Darunter war ein Verzierungsband, Traubenblätter und Trauben darstellend.)

    Eigentum der katholischen Kirchengemeinde
                       Dietkirchen. 1904
                  Ohler, Pfarrer und Dekan.
         Franz Schilling in Apolda goß mich.

Sie trug das Bild des Hl. Joseph mit dem Jesuskind. Die Figur war 28 cm hoch.

3. Die kleine Glocke.

Sie hatte den Ton „c“. Der untere Durchmesser betrug = 0,75 m, die Höhe 0,75 m. Das Gewicht war 275 kg. Sie hatte vier geschwungene Henkel und dieselben Verzierungen wie vorgenannte Glocke.
Die Inschrift lautete:

                           St. Lubenti,

           Patrone noster intercede
   pro nobis in fide et caritate tibi de-
                          titis 1904

Die Übersetzung dieses Textes lautet: Hl. Lubentius, unser Patron, bitte für uns, die wir in Treue und Liebe dir ergeben sind.

Sie war von demselben Meister gegossen wie die vorgenannte Glocke und trug ein Kreuzbild mit dem Heiland am Kreuz. Die Figur war 21 cm groß. Die beiden Glocken kosteten = 1300 M.

1925 Wiederbeschaffung neuer Glocken

Im Jahre 1925 bekam die Kirche 3 neue Bronzeglocken, die in der Gießerei Gebr. Ulrich in Apolda unter dem Glockengießermeister Heinrich Ulrich in Thüringen gegoßen wurden. Bei der Montage der Glocken wurde die Schwungrichtung verändert. Während die vier alten
Glocken nur in einer Ebene hingen und der Schwung von Osten nach Westen war, wurden die neuen Glocken nun in zwei Etagen übereinander gehängt mit dem
Schwung von Norden nach Süden.

Die Inschriften der neuen Glocken lauten:

1. Lubentiusglocke:
„St. Lubenti, Patronenoster, intercede pro nobis fide et caritate tibi deditis.“
„ Hl. Lubentius, unser Patron, bitte für uns, die wir in Treue und Liebe dir ergeben sind.“

2. Ave Mariaglocke:
„Matrem me dicis, Haec sum, Tu filius esto.“
„ Du nennst mich Mutter, das bin ich, Du, sei mein Kind. “

3. St. Michaelsglocke:
„ Stans Michael fortis Pugnans cum principe mortis.“
„ Es erhebt sich Michael der Held und kämpft mit dem Fürsten des Todes.“

Leider teilten auch diese Glocken das Schicksal ihrer Vorgänger. Sie wurden 1942 konfisziert und wurden zur Herstellung von Kriegswaffen eingeschmolzen.

1955 Wiedervervollständigung des Geläutes

Im Jahre 1955 wurde das Kirchengeläut durch den Ankauf von 3 neuen Glocken wieder vervollständigt. Die Glocken wurden in der Gießerfirma: Petit und Edelbrok in Gescher hergestellt.
Das Gewicht der Glocken beträgt:  46 Zentner, 25,2 Zentner, 19,6 Zentner
Töne:  c, es, f.

Die Glocken erhielten die gleichen Patrozinien wie ihre Vorgänger und haben nachfolgende Inschriften:

1. Größte Glocke: St. Lubentius
          Inschrift: Apostole pagi Loganensis,
                         patrone noster, intercede pro nobis!

                         Apostel des Lahngaues,
                         du unser Patron, bitte für uns!

2. Glocke: Ave Maria

           Inschrift: Ave regina coclorum,
                          ave domina angelorum!

                          Sei gegrüßt, Königin des Himmels,
                          sei gegrüßt, Herrin der Engel!

3. Glocke:  St. Michael
     Anschrift: Stans Michael fortis
                     pugnans cum principe mortis.

                     Michael, machtvoll im Kampf
                     mit dem Fürsten des Todes.

1980 Papstglocke

Im Jahre 1980 besuchte Papst Johannes Paul II. Deutschland. Während dieses Besuches wurde auch am 17.11.1980 durch Papst Johannes Paul II. in Fulda eine Glocke von ihm geweiht, die in der Folge nur die „Papstglocke“ genannt wird und für Dietkirchen bestimmt war. Diese Glocke wurde von den Pilgern des Unternehmens Courtial Reisen gestiftet. Der Firmengründer, Hans Albert Courtial ist ein Sohn Dietkirchens und ist seiner Heimat immer verbunden geblieben, wenngleich er seinen Lebensmittelpunkt überwiegend in Rom hat.

Die Glocke wurde in Anwesenheit einer vatikanischen Gesandtschaft am 31.10.1980 um 22.00 Uhr durch die Firma Glocken- und Kunstguss-Manufaktur Petit & Gebr. Edelbrock GmbH & Co. KG in Gescher unter der Leitung der Chefin Florence Elvira Elise Hüesker gegoßen.

Auf der Internetseite des Unternehmens heisst es dazu:

„…In dem Gutachten des amtl. Glockensachverständigen und
Kirchenmusikdirektors Hubert Foersch heißt es „… bilden die bisher
vorhandenen Glocken, geliefert 1955 – der Lubentiuskirche in Dietkirchen
an sich schon ein festliches Quartett, so hat das Geläute nun durch die
neue Papstglocke eine immense Steigerung an Klangvielfalt und
Klangreichtum erfahren, die in einer Läuteordnung ausgeschöpft werden
sollte. Die Leistungen der Glockengießerei Gescher, insbesondere von
Frau Florence Hüesker, die die Rippe zeichnete, verdient umso mehr
Achtung und Anerkennung, als sie unter den schwierigen Bedingungen des
Zeitdrucks erfolgen musste. Zum anderen ist es wesentlich risikoreicher,
zu einem vorhandenen Geläute wie hier, die tiefste Glocke hinzu
zugießen. Alle schwierigen Probleme wurden glänzend gelöst. Dank des
souveränen Könnens der Glockengießer wurde ein Meisterwerk geschaffen.“….

Die Glocke ist dem Hl. Lubentius geweiht und ist mit 195 cm Durchmesser und ca. 5.000 kg die größte des Dietkircher Geläutes. Sie wurde in einen neuen Glockenstuhl im Südturm aufgehängt. Sie erklingt in dem Schlagton „as“.


Bild © Ludwig Ries

Bild © Ludwig Ries

Aus Anlass der Stiftung und Weihe der Papstglocke wurde auch eine Gedenkmedaille geprägt. Sie zeigt auf der Vorderseite ein Bildnis von Papst Johannes Paul II. und die umlaufende Inschrift:
IONANNIS PAVLVS • II • PONTIFEX • MAXIMUS •

Die Rückseite zeigt die Lubentiuskirche in Dietkirchen und die umlaufende Inschrift:
COURTIAL-PILGER STIFTEN PAPSTGLOCKE 1980 FÜR ST. LUBENTIUS DIETKIRCHEN.

Hergestellt wurde die Gedenkmedaille von dem Unternehmen GDE Bertoni in Mailand. Auf der Rückseite links unten befindet sich die Inschrift:
BERTONI-MILANO


Papstglocke im Glockenturm

Papstglocke im Glockenturm

Papstglocke im Glockenturm

Papstglocke im Glockenturm

Glocke Lubentius unten – Glocke Maria oben

Glocke Lubentius unten – Glocke Maria oben

Glocke Maria

Glockenschläge zur Zeitangabe

Die Turmuhr schlägt die Viertelstunden auf Glocke 4, die Stunden auf Glocke 2. Zum täglichen Angelusläuten erklingt Glocke 3 mit dreimal drei Schlägen, danach wird Glocke 4 für kurze Zeit geläutet.
(Quelle: wikipedia – St._Lubentius_(Dietkirchen))

Als Quellen dienten:

  • Schulchronik der Gemeinde Dietkirchen
  • W.H. Struck in DAS STIFT ST. LUBENTIUS IN DIETKIRCHEN, 1986
  • Ferdinand Luthmer, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirkes Wiesbaden, III. Band: LAHNGEBIET
  • wikipedia – St._Lubentius_(Dietkirchen)
  • https://www.petit-edelbrock-gescher.de/firmengeschichte/
  • Bilder © Ludwig Ries